Sorry, you need to enable JavaScript to visit this website.

Ein Tag, der in Erinnerung bleibt

Petra Berninger ist gerne in der Natur unterwegs und ein großer Fan der Outdoor-Sportart Nordic Walking. Seit mehr als 18 Jahren übt die Aschaffenburgerin die ursprünglich aus Skandinavien stammende Sportart aus. In der Regel läuft sie dabei auf ausgewiesenen Pfaden. Bei einer Nordic-Walk-Tour mit ihrer Schwester im Sommer 2002 hat sie dies allerdings nicht getan. Das blieb nicht ohne Konsequenzen, denn die 50-Jährige wurde dabei von zwei Zecken gestochen, die das FSME-Virus übertragen haben. Die Folge: Petra Berninger erkrankte schwer. Heute möchte sie andere über die möglichen Gefahren eines Zeckenstiches informieren. Wir haben mit der gelernten Bürokauffrau über ihre Geschichte und Tipps zur Zeckenvorsorge gesprochen.

„Mein Verhältnis zur Natur hat sich nach meiner FSME-Erkrankung nicht verändert. Ich bin weiterhin gerne draußen unterwegs.“

Trotz FSME-Erkrankung ist Petra Berninger weiterhin gerne in der Natur unterwegs.
Trotz FSME-Erkrankung ist Petra Berninger weiterhin gerne in der Natur unterwegs.

Im Jahr 2002 sind Sie beim Nordic Walking von zwei Zecken gestochen worden. Was genau ist damals passiert?

Ich bin an dem Tag mit meiner Schwester zum Nordic Walking verabredet gewesen. Auf unserer Strecke haben wir eine Abkürzung über eine ungemähte Wiese genommen. Zu Hause angekommen, entdeckte ich zwei Punkte an meinem Oberschenkel. Ich habe sofort erkannt, dass es sich dabei um Zecken handelte. Sie ließen sich leicht entfernen und ich beobachtete die Einstichstellen während der nächsten Tage genau. Als ich keinen roten Kreis entdeckte, machte ich mir dann aber erst einmal keine Sorgen. Wie sich herausstellte, war das jedoch ein Fehler.

„Da es mir immer schlechter ging, kann ich mich an den weiteren Krankheitsverlauf nicht mehr erinnern. Mein Mann hat mir später erzählt, was damals genau mit mir passierte.“

Wie wurde die FSME diagnostiziert?

Mein Zustand verschlechterte sich zusehends. Ich konnte nicht mehr alleine aufstehen, mein Mann musste mich sogar ins Badezimmer begleiten. Als dann auch noch mein Nacken steif wurde und sich ein grauer Schleier vor meine Augen legte, äußerte mein Hausarzt den Verdacht auf eine FSME-Erkrankung. Er überwies mich sofort ins Krankenhaus. Dort angekommen, nahmen die Ärzte die Diagnose meines Hausarztes aber nicht ernst. Da Aschaffenburg damals noch kein FSME-Risikogebiet war, waren die Ärzte wohl noch nicht sensibilisiert für die Erkrankung und gingen dem Verdacht zuerst nicht nach. Glücklicherweise waren mein Mann und mein Hausarzt aber sehr beharrlich und haben auf eine Untersuchung bestanden. Am nächsten Tag entnahmen die Ärzte mir durch einen kleinen Einstich in den Rückenmarkskanal Gehirnwasser. Dadurch fanden sie heraus, dass das zentrale Nervensystem entzündet war, was für eine FSME typisch ist. Der Verdacht meines Hausarztes, dass eine FSME vorlag, konnte klinisch bestätigt werden.

Petra Berninger beim Nordic Walking
Nordic Walking ist Petra Berningers Leidenschaft – im Jahr 2002 nahm sie eine Abkürzung über eine ungemähte Wiese und wurde von zwei Zecken gestochen.

Wie verlief die Behandlung nach der Diagnose FSME?

Da es gegen FSME keine Behandlungsmöglichkeit gibt, können Ärzte nur die Begleitsymptome lindern. Ich lag zu diesem Zeitpunkt auf der neurologischen Station. Die Medikamente schlugen glücklicherweise an, und ich konnte schnell wieder Flüssigkeit und leichte Kost zu mir nehmen. Dadurch ging es mir zunehmend besser und ich durfte das Krankenhaus nach zehn Tagen wieder verlassen. Anschließend war ich noch zehn Wochen krankgeschrieben und musste zu Hause strikte Ruhe halten.

Leiden Sie unter Spätfolgen?

Ich konnte mir früher alles gut merken: Die Namen unserer Kunden, deren Telefonnummern, Autokennzeichen, selbst die Wocheneinkäufe behielt ich im Kopf. Seit der Erkrankung hat sich mein Erinnerungsvermögen schätzungsweise um 50 Prozent reduziert. Ich habe jedoch beschlossen, mich davon nicht unterkriegen zu lassen, und komme damit mittlerweile gut zurecht. Ich trage einfach immer Stift und Zettel bei mir, um mir wichtige Dinge aufzuschreiben. Des Weiteren hat es damals ein halbes Jahr gedauert, bis ich beim Sport wieder genauso leistungsfähig war wie vor der Erkrankung.

Was hat die Diagnose FSME für Sie bedeutet? Welche Folgen hatte sie?

Nordic Walking Ausrüstung
Die Zeckenvorsorge ist für Petra Berninger mittlerweile selbstverständlich geworden.

Natürlich war das ein Schock für mich, denn ich bin seit Kindheitstagen viel in der Natur unterwegs, und war mir des FSME-Risikos überhaupt nicht bewusst. Ich war früher häufig mit meinen Eltern in Österreich wandern und wurde nach jedem Ausflug nach Zecken abgesucht. Damals wurden die gefundenen Zecken jedoch einfach entfernt und dann entsorgt. Das war’s. Weitere Vorsorgemaßnahmen wie das Tragen langer Kleidung, das Einsprühen mit Repellents oder eine FSME-Impfung – all das war uns damals nicht bekannt. Von einer FSME-Erkrankung hatten meine Verwandten zuvor nie gehört. Meine Geschichte hat viele Familienmitglieder so berührt, dass sie sich für eine FSME-Impfung als Zeckenvorsorge entschieden haben. Da merkt man dann, dass es noch mal etwas anderes ist, wenn man so eine schlimme Krankengeschichte in der eigenen Familie miterlebt.

„Die FSME-Diagnose war für mich und meine Familie ein Schock. Allerdings habe ich meine Lehren daraus gezogen und informiere Leute in meinem Umfeld darüber, wie wichtig Zeckenvorsorge ist.“

Hat sich nach der Erkrankung Ihr Verhältnis zum Draußensein, der Natur und Zecken verändert?

Mein gutes Verhältnis zur Natur hat sich nach meiner FSME-Erkrankung nicht verändert. Ich bin weiterhin gerne draußen unterwegs, gehe ab und zu im Wald joggen, im Park spazieren und verbringe viel Zeit in unserem Garten. Dass ich keine Angst habe, überrascht mich selbst auch immer wieder. Was mich beruhigt, ist, dass ich durch die FSME-Erkrankung immun bin und mir nichts passieren kann. Das ist aber für mich kein Grund, gänzlich auf die Zeckenvorsorge zu verzichten. Im Gegenteil: Vorsorgemaßnahmen sind für mich selbstverständlich geworden, denn lieber lasse ich die Blutsauger gar nicht erst an mich heran.

Welche Tipps haben Sie für Leute, die sich mit Zecken, Zeckenvorsorge und FSME zum ersten Mal beschäftigen wollen?

Ich weiß, dass es viele Leute gibt, die eine Zeckenvorsorge für unnötig halten. Ich selbst war vor meiner Erkrankung genauso naiv. Diesen Leuten schildere ich meine Krankengeschichte und verdeutliche, wie wichtig Vorsorgemaßnahmen sind. Natürlich gibt es auch einige Impfgegner – sogar in meinem Bekanntenkreis. Aber auch denen gegenüber betone ich immer wieder: Wer seinen Körper schützen möchte, für den sollte eine FSME-Impfung selbstverständlich sein. Außerdem weise ich darauf hin, dass die Impfkosten, je nach Krankenkasse, übernommen werden. Auch ob man in einem FSME-Risikogebiet wohnt oder dorthin reist, ist entscheidend für die Kostenübernahme. Das kann man im Einzelfall mit seiner Krankenkasse klären. Daher sollte es dann eigentlich keine Ausreden mehr geben.

„Wenn man seinen Körper schützen möchte, sollte eine FSME-Impfung selbstverständlich sein.“